Die Heimkehr der Kira aus Grenzbrück
Der graubärtige Mann stand in breitbeinig an dem grossen Holztisch, den drahtigen Oberkörper auf die kräftigen Arme gestützt, studierte er die übergrossen Zeichnungen, die vor ihm lagen. Der Schweiss glitzerte auf seinem blanken Schädel in der grellen Sonne.
"Ich muss schon sagen, als wir letztes Jahr hier standen und ich die Pläne sah hab ich noch gesagt ´die spinnen allesamt´ aber jetzt sieht es fast so aus als hätte es tatsächlich funktioniert. Aber ohne deine Leute wär es nie was geworden, Abonizer. "
Der Zwerg, der neben ihm stand blickte anerkennend aufs Meer hinaus, an dessen Ufer sie standen. Sein Blick folgte der langen Reihe aus dunkelgrauen Steinquadern, die tief ins Blau der See stach und die neue Hafenmauer bildete.
"Naja," selbst heute einen Tag vor dem Richtfest der ersten Kai-anlage schien der Zwerg schlecht gelaunt als er sprach, auch wenn das Funkeln in seinen Augen eine andere Sprache sprach, "mit Wasser haben wirs normalerweise nicht so, aber wie mann eine ordentliche Mauer baut, da macht uns keiner was vor. Und wenn ihr nunmal eine Mauer mitten im Meer haben wollt, dann braucht ihr uns."
Die Sonne stand hoch am Himmel und die Bauarbeiter genossen grade ihre verdiente Mittagspause. Über 200 Menschen und fast 30 Zwerge sassen verstreut in ihrem Arbeiterdorf umher, dass ihnen allen nunmehr über ein Jahr Heimat war. Die Stimmung war ausgelassen denn der schwerste Teil der Arbeit lag hinter ihnen.
In mühevoller Arbeit hatten sie hier am Fusse der Steilklippen nahe der kleinen Siedlung Schieferkant das geschaffen, was Condra am meisten brauchte.
Einen Hafen.
Das heisse Wetter des Tages hätte sie eigentlich schon warnen sollen. Das Wetter war viel zu gut um nach Condra zu passen. wie zum Ausgleich hatten sich am frühen Abend hohe Gewitterwolken über dem Meer aufgetürmt und nun zuckten die ersten Blitze über den Ozean. Ein kalter Wind blies gegen die Steilwand Schieferkants und brachte die Hütten der Arbeiter zum Zittern. Überall liefen Männer und Frauen herum und versuchten alles festzuzurren was dem Unwetter anheimfallen könnte. Noch war kein Regen gefallen, aber draussen auf dem Meer sahen sie schon die hohe Gischt als die Fluten des Himmels sich mit denen des Meeres vereinigten.
Das Unwetter tobte nun direkt über Schieferkant. wütend schlug das Meer gegen die junge Hafen-Mauer als wolle es noch in dieser Nacht alles vernichten, was hier geschaffen worden war. Blitze schlugen in die Felswand die sich steil in den Himmel frass.
"Bei den Schwestern! Beeilt euch gefälligst. wenn wir nicht bald alles vertäut bekommen fliegt uns der halbe Hafen weg! "
Draussen auf dem äussersten Ende der Hafenmauer wankte ein schmaler Holzbau bedrohlich im Sturm. Zur Einweihung des Hafens hatten die Arbeiter ein grosses hölzernes Boot gebaut, dass morgen feierlich zu Wasser gelassen werden sollte. Ein trockenes Krachen und schwerer Donner lagen über der Bucht als einer der gleissenden Himmelsspeere in den Mast des Bootes einschlug und Flammen über den Rumpf leckten.
Irgendwo in der Ferne schwang der einsame Klang einer Glocke durch den wütenden Sturm.
"Ein Schiff!!! Ein Schiff kommt über das Meer heran!"
Die Wut des Sturmes ebbte langsam ab, das Schlimmste war wohl überstanden, einige der Hütten waren zerstört worden vom Wind und das Holzboot, dessen Wasserung dem jungen Hafen Glück bringen sollte brannte immer noch lichterloh draussen auf der Kaimauer.
"Es hat schwere Schlagseite, liegt tief im Wasser und einer der Masten sieht gebrochen aus."
Die meisten Männer waren noch in den Hütten doch der Ruf des Ausgucks lockte sie heraus.
"Jetzt erkenne ich es genau! Es ist die Kira. Das Schiff des Hohen Rates!"
Das Licht des jungen Tages war seltsam fahl. Das Unwetter war vorbei, doch die Luft war dennoch schwer. Kein Vogel sang an der Steilklippe, die Wellen schlugen schwer und träge ans Ufer.
Die Menschen waren dankbar für das Wunder, dessen Zeuge sie letzte Nacht geworden waren. Niemand zweifelte daran, dass die [[condra:schiffe|Kira]] ohne das rettende Feuer am Hafeneingang verloren gewesen wäre. Doch trotzdem war niemandem nach Feiern zumute.
Sofort nachdem das schwer angeschlagene Schiff sicher vertäut worden war, war ein Priester von Bord gegangen und hatte sofort nach dem Vorarbeiter gefragt. Zusammen waren sie in seiner Hütte verschwunden und hatten gesprochen.
Als sie herauskamen war das Gesicht des Obmanns kalt und angespannt. Er befahl, dass ein Wagen bereit gemacht würde oben in Schieferkant. Es sollte ein weißer Karren sein, groß und mit schweren Planken verschalt. Zwei der besten Drechsler und Schnitzer sollten ihn so gut verzieren wie sie es an einem Tage vermochten. Denn spätestens am nächsten Tage sollte der Wagen seine Fracht aufnehmen und nach Tharemis tragen.
Das war das wenigste was Schieferkant für eine seiner Herrinen nun noch tun konnte.
Ein Bote wurde vorausgeschickt um zu verkünden was geschehen war.
Lange hatten kluge und wichtige Köpfe darüber gestritten wie man den Hafen Schieferkants nennen sollte.
Es war das letzte Tor, durch das die Archontin in ihre Heimat zurück kam, nachdem sie fern von Zuhause im Kampfe gegen einen alten Feind gefallen war; und so nannte man den Hafen von diesem Tag an Port Wolfslauf.